Die Orgel der
Philh
rmonie
Ein Instrument, so vielfältig wie Luxemburg
Was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn, wenn Sie das Wort «Orgel» hören? Vermutlich eine Kirche? Wussten Sie, dass die Orgel ursprünglich ein weltliches Instrument war? Und dass sie ursprünglich mit Wasser betrieben wurde? Seit ihren Ursprüngen in der griechischen Antike hat sich die Orgel weit über den religiösen Rahmen hinaus in Konzertsälen, Opernhäusern, Kinos und auf Jahrmärkten ausgebreitet.
Sie ist ein musikalisches und technisches Wunderwerk (die komplexeste von Menschen gebaute Maschine vor dem Computer!) und bietet unendlich viele Möglichkeiten. Lauter spielen als ein ganzes Orchester? Ganz einfach. Ein sanftes Flüstern erzeugen, das so leicht wie eine Brise ist? Kein Problem. Religiöse Musik aus weit entfernter Vergangenheit? Natürlich, aber auch Filmmusik aus dem 21. Jahrhundert, romantische Symphonien, Improvisationen aus dem Moment heraus und vieles mehr! Egal welches Musikgenre, egal welche Epoche – die «Königin der Instrumente» hat viel zu bieten...
Im November 2005 wurde unser Instrument eingeweiht, einige Monate nach der Fertigstellung der Philharmonie. Sie ist aus der Zusammenarbeit zwischen dem Architekten Christian de Portzamparc und der Werkstatt des Berliner Orgelbauers Karl Schuke hervorgegangen und vereint in sich Elemente der französischen, deutschen und englischen Orgelbautradition. Eine Orgel, die so europäisch ist wie Luxemburg selbst!
Mehr als nur ein Instrument
Woran erkennen Sie, dass Sie gerade das Grand Auditorium der Philharmonie betreten haben? Natürlich, weil Sie vor der großen Orgel stehen. Sie ist das Element, das zwei Konzertsäle auf einen Blick voneinander unterscheidbar macht: Sie ist mehr als nur ein Instrument, sie ist ein architektonisches Meisterwerk. Bei unserer Schuke-Orgel wurde ihr sichtbarer Teil, der so genannte sogenannte Prospekt, zusammen mit dem Architekten der Philharmonie, Christian de Portzamparc, entworfen.
Die Orgel und die Architektur des Saales, in dem sie steht, korrespondieren miteinander auf bemerkenswerte Weise. Die Pfeifentürme stehen in Beziehung zu den Türmen der Logen im Grand Auditorium. Die 6.768 Pfeifen der Orgel stehen in Parallele zu den 827 Säulen der Philharmonie. Wie ein harmonisch gestaltetes Kostüm sind auch die Farben des Instruments auf die des Saals abgestimmt: Das Holz ist in verschiedenen Rottönen lackiert, ergänzt durch silberblaue Oberflächen, die an die Sessel im Grand Auditorium erinnern. Ein echter Hingucker also!
« Zweifelsohne ist die Orgel das größte und das kühnste aller Instrumente, die der menschlichen Phantasie entsprungen sind. Es ist wie ein Orchester, von dem ein einziges, geschultes Paar Hände alles einfordern kann und das alles zum Ausdruck bringen kann. » - Honoré de Balzac, Histoire des Treize (La Duchesse de Langeais) (1834)
Fast wie ein Orchester
Wussten Sie, dass die Orgel ein Blasinstrument ist? Ja, Sie haben richtig gelesen! Die Orgel ist so etwas wie eine riesige Panflöte, die von Klaviaturen angespielt wird. Die von einem Gebläse erzeugte Luft wird unter Druck in einem Gehäuse gespeichert, das sich unter den Pfeifen befindet. Wenn man die Tasten auf der Tastatur drückt und die Knöpfe drumherum (die «Registerzüge») zieht, öffnet sich ein Weg für die Luft, die durch eine oder mehrere Pfeifen strömt und den Ton erzeugt.
Die Orgel der Philharmonie hat vier Klaviaturen für die Hände (Manuale genannt) und ein Pedal (eine Klaviatur für die Füße). Jede dieser Tastaturen ist mit einer bestimmten Anzahl von entsprechenden Registern verbunden. Ein Register steht für eine bestimmte Klangfarbe. Manche Register haben atmosphärische oder fremd klingende Namen wie «Himmlische Stimme» oder «Prinzipal», aber oft imitieren sie andere Instrumente, auch solche, die Teil des modernen Orchesters sind. So gibt es Register, die « Flöte », Trompete » oder «Violoncello » heißen. Die Orgel ist damit fast so etwas wie ein All-in-One-Orchester!
Deshalb kann sie allein einen Konzertsaal füllen, wie mit der berühmten Toccata und Fuge in d-Moll BWV 565 von Johann Sebastian Bach, als Solistin mit einem Orchester spielen, wie im Konzert für Orgel, Streicher und Pauken von Francis Poulenc, oder mit ihm in symphonischen Dialog treten, wie in der Symphonie «avec orgue» N° 3 von Camille Saint-Saëns. Doch neben der bekannten Kraft des Orgelklangs kann das Instrument auch subtil und sanft sein, mit dezenteren Registern wie den Flöten, die Sie in Ausschnitten aus dem Soundtrack zum Film Interstellar hören können.